Felix Stoever – Ein Portrait
Seine Leidenschaft für das Malen zeigte sich schon als Kind – inspiriert von Familienurlauben an der französischen Küste, wo er Szenen und Landschaften skizzierte, die ihn sehr bewegten. Geboren am 23. März 1972 in Lüneburg und aufgewachsen im norddeutschen Apensen bei Buxtehude, entwickelte Felix Stoever früh eine Faszination für die Farben und Formen der Natur.
Felix Stoever
Die Verbindung zur Natur blieb ein prägendes Motiv in Stoevers Werk, das sich über die Jahre wandelte und durch seine komplexen, fluoreszierenden und phosphoreszierenden Bildwelten weiterentwickelte. Seine künstlerische Reise führte ihn durch verschiedene Einflüsse – von der Psychedelic-Kultur der 1990er-Jahre, deren treibender Sound und intensive Farbwelten seinen Ausdruck formten, bis hin zu philosophischen und spirituellen Themen, die sich in seinen Arbeiten ab den 2000er-Jahren vertieften.
Anlässlich einer Ausstellung in der Hamburger Kunst Galerie berichtete der NDR im Kultur Tipp des Hamburg Journals am 22.11.2024
Obwohl er Physik in Hamburg studierte und sich intensiv mit der Struktur und Präzision der Naturwissenschaften auseinandersetzte, lenkte ihn sein künstlerisches Schaffen auf andere Wege. Felix fand eine Balance zwischen mathematischer Klarheit und dem offenen Raum für Fantasie. Sein Stil spiegelte oft Einflüsse von Künstlern wie H.R. Giger wider, der für seine biomechanischen Formen bekannt ist, und von der japanischen Mangakultur, die ihm detailreiche, fremdartige Bildwelten nahebrachte.
Felix Stoever wurde in der Psytrance-Szene zu einem gefeierten Namen, dessen leuchtende Kunstwerke die Grenzen des Lichts neu definierten. Seine Bilder leuchten unter Schwarzlicht, was sie zu einem integralen Bestandteil internationaler Festivals machte. Diese Werke sind nicht nur Ausdruck einer bildlichen Ästhetik, sondern schaffen immersive Räume, die das Transzendente spürbar machen – eine Brücke zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, dem Irdischen und dem Geistigen. Felix' Arbeiten reichten weit über das bloße Dekor hinaus und formten die Erlebniswelten, die mit dem Psytrance-Genre einhergehen.
Angefangen hatte es jedoch mit seinen Comic Heften die er Szene Lokalen verkaufte und durch die er sich schon einen Namen gemacht hatte.
Da er als Comiczeichner bekannt war, fragten ihn Freunde, die eine Psytrance-Party planten, ob er nicht ein Laken mit fluoreszierender Farbe bemalen könnte. Später nutzte er dafür alte Bettlaken aus dem Bestand seiner Oma oder kaufte Restlaken auf Flohmärkten.
Insignien/Monogramm der Großmutter von Felix. Von Ihr bekam er häufig alte Bettlaken. Bild: #Cybergalleries
Die 1990er Jahre
Der Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands bildeten den historischen und kulturellen Hintergrund, der Stoevers Werk in den 1990er Jahren maßgeblich beeinflusste. Diese Zeit des Wandels und der Freiheit öffnete Raum für neue Ausdrucksformen in Kunst und Musik. Besonders die entstehende Psytrance-Szene, mit ihren intensiven Farben, hypnotischen Beats und experimentellen visuellen Ausdrucksformen, inspirierte Stoever und führte zu seiner intensiven Beschäftigung mit fluoreszierenden und phosphoreszierenden Farben. Seine Gemälde wurden in der aufstrebenden Festival-Kultur als integraler Bestandteil der visuellen Gestaltung gefeiert und setzten neue Maßstäbe für das, was als „Deco“ bekannt wurde.
Die Verwendung von fluoreszierenden und phosphoreszierenden Farben war dabei nicht nur ein ästhetisches Experiment, sondern Ausdruck eines philosophischen und spirituellen Diskurses über Licht, Energie und die unsichtbaren Verbindungen zwischen Mensch, Natur und Technik. In dieser Phase seines Schaffens ließ sich Stoever nicht nur von der Faszination für das Technische leiten – auch sein akademischer Hintergrund in der Physik hatte einen starken Einfluss auf seine künstlerischen Entscheidungen. Die Präzision und geometrische Klarheit, die sich in den kubistischen Elementen seiner Gemälde widerspiegeln, stehen in einem spannungsvollen Dialog mit den ungebändigten, oft chaotischen Formen und Farben seiner surrealen Landschaften.
Bereits zu Beginn der 2000er Jahre hatte sich Felix Stoever in der globalen Psytrance-Bewegung etabliert. Trotz seiner akademischen Ausbildung in Physik rückte seine Leidenschaft für die Malerei in den Vordergrund, und seine leuchtenden Werke wurden schnell zum visuellen Symbol dieser Subkultur. Er entwarf zahlreiche Albumcover und arbeitete eng mit Musikern und Veranstaltern zusammen, wobei er eine symbiotische Verbindung zwischen der visuellen Kunst und den transzendenten Erfahrungen der Psytrance-Musik schuf.
Die Bedeutung von Felix’ Malerei wurde weltweit anerkannt. Bei Festivals von Kanada über Puerto Rico bis hin zur Schweiz und Südafrika wurde seine Kunst nicht nur als bloße Dekoration betrachtet, sondern als integraler Bestandteil des kollektiven Erlebnisses. Die strahlenden Farben und abstrakten Muster verstärkten die transzendente Natur der Musik und schufen immersive Umgebungen, die die Sinne auf einzigartige Weise ansprachen. Besonders seine großformatigen Gemälde mit mystischen Figuren und fluoreszierenden Farben wurden zu einem unverwechselbaren Kennzeichen der Psytrance-Kultur.
Felix legte auch schonmal als DJ auf. Bild: Privat
Zwischenwelten (2001–2003)
Die „Zwischenwelten“ Periode, die sich von 2001 bis 2003 erstreckt, markierte eine bedeutende Phase in Felix Stoevers künstlerischer Entwicklung. In dieser Zeit nahmen seine Werke eine introspektive, philosophische und emotionale Wendung. Obwohl er persönlich mit Herausforderungen konfrontiert war, blieb Felix’ Kunst tief ausdrucksstark. Seine Symbolik wurde intensiver, und seine Arbeiten entwickelten sich hin zu abstrakteren Darstellungen, die von einem gesteigerten inneren Spannungsfeld durchdrungen waren.
Ein besonders herausragendes Werk aus dem Jahr 2001 zeigt das Bild einer Frau, durch deren Kopf ein roter Blitz fährt. Dieses kraftvolle und dynamische Symbol deutet auf die gewaltigen inneren Kräfte hin, die Felix in dieser Zeit bewegten.
Kopf, Bild aus dem Jahr 2001
Auch wenn er seine großformatigen Arbeiten zeitweise zurückstellte, schuf er weiterhin Werke von großer Intensität, die die Tiefe seiner künstlerischen Auseinandersetzung offenbarten.
Bis 2003 kehrte Felix mit erneuerter kreativer Energie zurück und vollendete ein großes Triptychon, bei dem jedes Bild 220 cm mal 150 cm misst. Der Maßstab und die Ambition dieses Projekts signalisierten seine Rückkehr zu großen, detailreichen Kompositionen. Das wiederkehrende Blitzmotiv taucht in diesem Werk erneut auf, nun jedoch als orangefarbener Streifen – vielleicht als Versuch Felix’, die Energie in eine ferne, abstrakte Dimension zu kanalisieren.
Triptychon aus dem Jahr 2003.
Hoffnungsjahre (2004–2007)
Der Zeitraum von 2004 bis 2007 markierte eine Phase der kreativen Wiederbelebung für Felix Stoever. Geprägt von Optimismus und neuer Energie, war diese Zeit von einem breiteren konzeptionellen Fokus und einer zunehmenden atmosphärischen Qualität seiner Arbeiten bestimmt. Felix erforschte die Möglichkeiten von Raum, Form und Farbe auf eine neue Weise.
Im Jahr 2004 schuf Felix das Werk Geburt, das einen Neuanfang in seinem künstlerischen Schaffen symbolisierte.
Diese Phase seiner Karriere zeichnete sich durch großformatige Leinwände und konzeptionelle Erkundungen aus, die über die detaillierten Werke hinausgingen, die er zuvor geschaffen hatte. Seine Serien, die grüne organische Formen und kräftige blaue und orangefarbene Flächen umfasste, war darauf ausgelegt, immersive Umgebungen auf Musikfestivals zu schaffen.
Stark fluoreszierende Farben
Diese ausgedehnten Farbfelder harmonierten mit seinen komplexeren zentralen Werken und verwandelten ganze Räume, sodass das Publikum in eine sensorische Erfahrung eingebunden wurde. Felix’ Fähigkeit, visuelle Kunst mit der kulturellen Erfahrung von Musikfestivals zu verbinden, ermöglichte es ihm, seine Werke über den Galerie-Rahmen hinaus in den kulturellen Zeitgeist zu transportieren.
Ein weiteres bedeutendes Werk aus dem Jahr 2004 war Und er würfelt Sie doch..., inspiriert von Albert Einsteins berühmtem Zitat „Gott würfelt nicht“.
Links im Bild “Und er würfelt Sie doch…” (2005). Bildquelle: #cybergalleries
In diesem Werk geht Felix weiter auf spirituelle Themen ein. Er stellt Gott ins Zentrum und erforscht die Idee des göttlichen Zufalls. Anstatt religiöse Überzeugungen infrage zu stellen, zeigte Felix’ Werk seine zunehmende spirituelle Neugier und sein Streben nach einem persönlicheren Verständnis von Schicksal und den Kräften, die das Leben formen. Dieses Gemälde stellt eine bedeutende Auseinandersetzung mit Felix’ philosophischen Fragen dar und offenbart seine Beschäftigung mit existenziellen Themen durch die Linse seiner Kunst.
Während sich Felix’ Stil weiterentwickelte, wichen die intensiven, elektrisierenden Bilder seiner früheren Werke weicheren, organischeren Formen. Blitze wichen rosa Wolken und fließenden grünen Formen, was auf einen Wandel hin zu Themen des Friedens und der Versöhnung hindeutete. Sein Werk Tanzende Fische aus dem Jahr 2007 verkörpert diesen Übergang.
Felix’ Bilder, waren auf insgesamt 4 Mushroom Covern. Hier: Mushroom Cover aus dem Jahr 2009.
Der Zeitraum von 2007 bis 2008 markierte eine signifikante Veränderung in Felix Stoevers künstlerischem Schaffen. Seine Werke dieser Zeit waren von intensiver emotionaler Tiefe geprägt, was sich in der verstärkten Nutzung abstrakter und symbolischer Bildsprache zeigte. Ein zentrales Werk aus dieser Zeit ist Mindflow (2007/2008), in dem ein Skelett mit einer Gitarre und ein Zug, der durch den Kopf eines Mannes fährt, dargestellt wird. Diese surrealen Darstellungen deuten auf Felix’ inneren Konflikt hin, der in imaginativen und beunruhigenden Formen verarbeitet wurde.
Mindflow (2007/08)
Felix' Schaffensphase von 2007 bis 2008 wurde von jenen, die ihm nahe standen und seine Karriere verfolgten, als besonders aufgeladen und bedeutungsvoll empfunden. Diese Werke gehören zweifellos zu seinen emotionalsten Arbeiten. Ein besonders bemerkenswertes Gemälde aus dem Jahr 2007 ist Turn On, welches drei verstörende Visionen zeigt: Ein kopfloser Mann, eine Figur, die ihr eigenes Gesicht hält, während ein elektrischer Strom durch ihn fließt, und im Zentrum des Bildes eine endlose Prozession von Steinen, die an Grabsteine erinnern. Die rohe Symbolik dieser Werke öffnete dem Betrachter eine Tür zu Felix’ komplexer emotionaler und spiritueller Welt. Diese Bilder aus den Jahren 2007 und 2008 spiegeln eine introspektive Phase in Felix’ Kunst wider, in der abstrakte Darstellungen universelle menschliche Kämpfe und Widerstandskraft verkörpern.
Ausschnitt - Turn on (2008)
Reflexion und Transformation (2008–2010)
In den letzten Jahren von Felix Stoevers künstlerischer Laufbahn gewannen seine Werke eine noch tiefere Dimension. Seine Kunst diente ihm zunehmend als Medium, um existenzielle Fragen zu erforschen und komplexe emotionale sowie philosophische Themen zu verarbeiten. Trotz der Verwendung seiner charakteristischen lebendigen Farbpaletten und detailreichen Symbolik wurden seine Gemälde zunehmend meditativ, sie reflektierten Themen des Übergangs, der Transformation und die Interkonnektivität des Lebens.
Felix’ Interesse an alten Philosophien und spirituellen Traditionen, besonders solchen, die den Begriff der Transformation erforschten, prägte seine Kunst in diesen Jahren. Ohne sich an spezifische Glaubenssysteme zu binden, suchte Felix nach universellen Wahrheiten über die menschliche Erfahrung. Seine Werke aus dieser Phase suggerieren einen inneren Frieden und eine Klarheit in der Erkenntnis, dass die Übergänge des Lebens Teil eines größeren kosmischen Prozesses sind. Die Kunstwerke strahlen eine Stille und Reflexion aus, in denen Figuren oft in einem schwebenden Zustand dargestellt werden—nicht vollständig geerdet, aber auch nicht völlig aufgestiegen—was die Zwischenräume zwischen materieller Existenz und dem spirituellen Reich symbolisiert.
Comic: Der schrecklich nette junge Mann. Jahr: Ca 1994/95
In dieser Zeit veränderte sich auch Felix’ Herangehensweise an die Komplexität und den Maßstab seiner Werke. Obwohl er weiterhin mit lebhaften Farben und vielschichtigen Kompositionen arbeitete, wurden seine Arbeiten fokussierter und introspektiver. Seine Fähigkeit, komplexe Emotionen durch subtile Veränderungen in Form, Farbe und Textur auszudrücken, zeugte von seiner fortschreitenden Meisterschaft im Umgang mit seinem Medium. Jedes Werk wurde zu einer konzentrierten Reflexion seiner Gedanken und Gefühle, wobei seine späteren Werke Einblicke sowohl in seine persönliche Reise als auch in den breiteren menschlichen Zustand boten.
Shamanism (2008)
Das Gemälde Shamanism 2008 markierte einen Wendepunkt in Felix Stoevers künstlerischer Laufbahn. Dieses Werk spiegelt sein wachsendes Verständnis von der Fähigkeit des menschlichen Geistes wider, die physische Welt zu transzendieren, und konzentriert sich auf spirituelles Wachstum und Klarheit. Durch Shamanism tauchte Felix in die alte Praxis des Schamanismus ein, eine spirituelle Überzeugung, die Leben und Tod nicht als gegensätzliche Kräfte betrachtet, sondern als Teile eines natürlichen Zyklus.
Ausschnitt aus Shamanism (2008)
Shamanism ist mit reicher Symbolik durchzogen und bietet eine kontemplative Vision des menschlichen Geistes und seiner Verbindung zu einem größeren, kosmischen Prozess. Die leuchtenden Farben und der ruhige Ton des Gemäldes laden den Betrachter dazu ein, über die eigenen Wahrnehmungen von Leben und Existenz nachzudenken. Die friedvolle und vertrauensvolle Atmosphäre in Shamanism spiegelt Felix’ Fähigkeit wider, persönliche Erfahrungen in eine universell verständliche Kunst zu übersetzen und eine Botschaft spiritueller Tiefe und Transzendenz zu teilen. Dieses Werk steht als Zeugnis für Felix’ Reise als Künstler, der nach Sinn jenseits des Greifbaren suchte und seine Kunst nutzte, um Themen der Erneuerung, Transformation und spirituellen Bewusstwerdung zu erforschen.
In Felix’ fortlaufender künstlerischer Entwicklung schuf er im Jahr 2009 das Werk Bath on Top of the World, ein Werk, das Vitalität, Freude und Verbindung zum gegenwärtigen Moment ausstrahlt. In seinem charakteristischen lebendigen Stil gehalten, zeigt das Gemälde einen Mann, der ein Bad nimmt und offensichtlich den Moment genießt. Bath on Top of the World fängt einen Moment purer Gelassenheit ein, ohne jegliche Anzeichen von Verzweiflung oder Kampf. Stattdessen vermittelt das Werk ein Gefühl des Friedens und der Zufriedenheit, als ob Felix einen Zustand der Ruhe erreicht hätte, in dem er die Schönheit des Lebens voll und ganz schätzen konnte.
Wie Shamanism ist auch Bath on Top of the World mit lebendigen, ausdrucksstarken Farben gefüllt, die Felix’ ungebrochenes Engagement für die Freuden des Lebens widerspiegeln. Die Figur im Gemälde, die in einem Moment der Ruhe versunken ist, deutet auf Felix’ Umarmung der einfachen Freuden des Lebens hin. Das Gemälde erinnert daran, den gegenwärtigen Moment zu feiern und die Fülle des Daseins zu schätzen, unabhängig von äußeren Umständen. Felix’ Einsatz von Farbe—leuchtend und lebendig—schafft ein greifbares Gefühl der Präsenz und verstärkt die Idee, dass das Leben in jedem Moment wertgeschätzt werden sollte.
Ausschnitt Batch on Top of the World (2009)
Im Jahr 2010 malte Felix sein letzte Werk Abstract Pink. Das Bild setzte Felix’ Erkundung von lebhaften Farben und abstrakten Formen fort und zeigte seine ungebrochene Hingabe an die kreative Arbeit.
Ausschnitt Abstract Pink (2010)